Austausch von SPD-Politikern und AWO-Fachleitern zur Generalisierung der Pflegeausbildung

26. November 2014

Zum Informationsaustausch über die geplante Generalisierung der Pflegeausbildung trafen sich in der Geschäftsstelle des Bezirksverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Würzburg die SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar und Bernd Rützel mit dem AWO Bezirksvorsitzenden Stefan Wolfshörndl, Irene Görgner (Stellvertreterin), Bezirksgeschäftsführer Martin Ulses sowie Ulrike Hahn, der Bereichsleiterin Altenhilfe.
AWO-Bereichsleiterin Senioren Ulrike Hahn (links) im Austausch mit Sabine Dittmar (Mitte) und Bernd Rützel (rechts) Bild: AWO
Generell, erklärte Hahn, stehe die AWO Unterfranken der geplanten Änderung in der Kranken- und Altenpflegeausbildung aufgeschlossen gegenüber. Allerdings nur unter grundlegenden Voraussetzungen, die Grundbedingung dafür seien, dass die Änderung überhaupt funktionieren könne.

Wichtig sei eine bundesweit einheitlich geregelte Finanzierung der Ausbildung. Bisher müssen die Kosten der Altenpflegeausbildung oftmals zwangsläufig durch den Pflegesatz quasi von den Pflegebedürftigen refinanziert werden (während es beispielsweise undenkbar sei, Krankenhauspatienten an den Ausbildungskosten zu beteiligen). Das Ziel sei daher eine generell umlagefinanzierte Pflegeausbildung, darin war man sich einig. Eingeschlossen darin müsste auch die Finanzierung von zusätzlichen Praxisanleitern sein. Bisher fehlen diese gänzlich, was zu hohem Frust bei vielen Auszubildenden führe, so Hahn. Diese seien letztlich darauf angewiesen, im Ausbildungsbetrieb Kollegen zu finden, die aus Sendungsbewusstsein diese Aufgabe kostenfrei und freiwillig übernähmen. Fehlen solche, hätten die Azubis oft das Gefühl, mit ihren Aufgaben völlig allein gelassen zu sein und zu früh zu hohe Verantwortung aufgebürdet zu bekommen.
Problematisch könne mit der Ausbildungsänderung der Fortbestand der Altenpflege im ländlichen Raum werden. Genügend Praxisplätze in Krankenhäusern für alle Auszubildenden dort zu finden, „wird unmöglich sein“, so Hahn, „einfach, weil es dort gar keine in Frage kommenden Kliniken (mehr) gibt.“ Da die Fachkräfte in der Altenpflege aber dringend gebraucht werden, müsse man hierfür zwingend eine Lösung finden.
Eine weitere dringende Anregung sei, auch weiterhin drei mögliche Ausbildungswege anzubieten, von der Qualifizierung zur Pflegehilfskraft über die duale Ausbildung zur Fachkraft bis hin zum akademischen Abschluss. Es müsse zudem weiterhin die Möglichkeit geben, nach Abschluss einer Stufe die nächste erreichen zu können. Ebenso durchlässig, auch hier stimmten SPD- und AWO-Vertreter überein, sollten die Pflegeberufe selbst sein. Ausgebildete Fachleute sollten jederzeit aus der Altenpflege, in die Kranken- bzw. Gesundheits- oder Kinderkrankenpflege wechseln können und umgekehrt. Unabdingbare Voraussetzung hierfür sei eine einheitliche Tarifstruktur für alle Pflegebereiche. Seien all diese Voraussetzungen erfüllt, so Hahn, steigere das letztlich die Attraktivität der Pflegeausbildung.
Die Dreistufigkeit garantiere, dass weiterhin alle zur Verfügung stehen, die sich auch bisher für die Pflege entscheiden. Anders sei das bei einer zu starken Akademisierung: Erste Erfahrungen in der generalisierten, hoch anspruchsvollen Ausbildung hätten gezeigt, dass die Zahl der Abbrecher steige. Unakzeptabel in einer Branche, die sich nach wie vor ohnehin schwer genug tut, annähernd ausreichendes Fachpersonal zur Bedarfsdeckung zu finden. Auf dem derzeit für Auszubildende guten Markt, sind die Zeiten für die Pflegeausbildung eher schlecht. Diejenigen allerdings, die kommen, so Wolfshörndl, seien „echte Überzeugungstäter“ mit hohem persönlichem Engagement. Beinahe 100 Prozent der Azubis, so Hahn, rekrutiere man derzeit aus den Mittelschulen.
Interessant zu hören war, welchen Weg Gesetze schon zurückgelegt haben bis die Parlamentarier Kenntnis von ihnen erhalten. Vorausgesetzt sie nutzen nicht ihre Kontakte zu Lobbygruppen und Wohlfahrtsverbänden, um frühzeitiger in den Informations- und Entscheidungsprozess involviert zu sein. Was die Generalisierung der Pflegeausbildung angehe, so Dittmar, sei man derzeit erst ganz am Anfang, die parlamentarische Diskussion habe noch nicht einmal begonnen. Dass zudem mit dem Bundesgesundheits- sowie dem Familienministerium zwei Ministerien mit Ministern beider Koalitionsparteien beteiligt seien, mache den Entscheidungsfindungsprozess sicher nicht leichter.
Mit Verständnis, aber auch Freude reagierten die Politiker auf den Hinweis Wolfshörndls, dass die AWO Unterfranken, die derzeit gut 80 Prozent ihrer Umsätze in der Altenhilfe macht, sich breiter aufstellen und mehr Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen anbieten will. Beide Seiten wollen auch künftig im regelmäßigen Gespräch bleiben, vereinbarte man am Ende. Dirk Baumann, AWO

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