Bad Kissinger Bundestagsabgeordnete nehmen zum Lockdown Stellung

Deutscher Bundestag

30. Oktober 2020

Der November-Lockdown sorgt für kontroverse Diskussionen. Sind die Einschränkungen angemessen oder zu hart? Wieso berät das Parlament nicht mit? Gastwirte und Hoteliers sehen sich zu Unrecht harten Einschränkungen ausgesetzt. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki ( FDP ) sieht in den Anti-Corona-Maßnahmen einen undemokratischen Geist und hält sie teils für rechtswidrig.
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Meine Antworten lesen Sie hier:

Halten Sie den Lockdown für angemessen?

  • Die Vereinbarungen, auf die sich Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten verständigt haben, machen deutlich, wie ernst die Situation ist. Uns allen wäre wohler, wenn diese harten Einschnitte nicht notwendig wären, sie sind es aber. Die befristeten Kontaktbeschränkungen sind unsere Chance, die Dynamik aus dem Infektionsgeschehen herauszunehmen und unser Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen.

Der Beschluss wurde erneut von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten im Alleingang gefasst. Wie kann es sein, dass Bundes- und Länderparlamente bei solchen Entscheidungen übergangen werden?

  • Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Infektionsschutz sieht vor, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung angeordnet werden. Diese Ermächtigungsgrundlage mag im Lichte der Pandemie in Teilen defizitär erscheinen und überarbeitungsbedürftig sein. Es gibt sie aber, sie ist derzeitige Gesetzeslage. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits entsprechende Vorschläge gemacht, um die Parlamentsbeteiligung zu stärken.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki wirft der Regierung einen undemokratischen Geist vor - etwa weil das Beherbergungsverbot von gerichtlicher Seite bereits mehrmals gekippt wurde und man diese Entscheidungen wieder übergangen hat. Hat Herr Kubicki Recht?

  • Wie gesagt, es obliegt den Ländern entsprechende Schutzmaßnahmen im Wege der Rechtsverordnung zu erlassen. Die Pandemie zeigt aber auch, wo das Infektionsschutzgesetz an seine Grenzen stößt und angepasst werden sollte. Wir brauchen eine Begründungspflicht, die Befristung und eine Parlamentsbeteiligung bei Rechtsverordnungen . Dennoch bedeutet dies nicht, dass es für die bisher erlassenen Verordnungen keine hinreichende gesetzliche Grundlage gab.

Wirte und Hoteliers klagen, dass sie viel Geld für Hygienemaßnahmen ausgegeben haben, nicht als Infektionstreiber gelten und jetzt trotzdem wieder am stärksten von den Einschränkungen getroffen werden. Wird die Branche zum Sündenbock gemacht?

  • Es geht hier nicht um Schuldzuweisung, sondern Risikominimierung. Denn trotz der Hygienemaßnahmen lassen sich Infektionen auch in Restaurants und Hotels nicht komplett verhindern. Das Infektionsgeschehen ist so diffus, dass derzeit bei 75 Prozent der Infizierten der Ausgangspunkt nicht mehr zugeordnet werden kann. Und im Restaurant nehmen Besucher am Tisch ihren Mund-Nase-Schutz ab, sodass ein Aerosolaustausch nicht ausgeschlossen werden kann.

Herr Kubicki sieht diese Einschränkungen als unverhältnismäßig. Er ruft die Betroffenen auf, sich juristisch zu wehren. Würden Sie das den Hoteliers auch empfehlen?

  • Mit Blick auf das Infektionsgeschehen halte ich es zwar für unverantwortlich, die Maßnahmen derart in Frage zu stellen, aber selbstverständlich ist es in einem Rechtsstaat jedem unbenommen, solche Maßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen. Ich weiß, die Einschnitte sind hart für jeden Einzelnen und auch für unsere Wirtschaft - von der Hotellerie bis hin zum Kleinkünstler. Aber immerhin werden Finanzminister Olaf Scholz und der Bund mit Wirtschaftshilfen in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro Unternehmen, Selbstständigen, Vereinen und Einrichtungen, die von temporären Schließungen erfasst sind, helfen. So bekommen Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats erstattet. Natürlich, wir alle wünschen uns möglichst schnell unseren Alltag zurück. Dennoch appelliere ich an alle, sich an die Regeln zu halten, damit wir gemeinsam und solidarisch die Pandemie überwinden.

Den gesamten Artikel mit allen Antworten finden Sie in der MAINPOST

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