In meiner ersten Plenarrede des Jahres habe ich aufgezeigt, dass wir Handlungsbedarf sehen in Sachen "Doppelverbeitragung" von Direktversicherungen / Betriebsrenten.
Den Redetext zum Nachlesen:
Sabine Dittmar (SPD):
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!
In jedem Abgeordnetenbüro liegen zweifellos unzählige Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die, wenn die Auszahlungsphase ihrer Direktversicherung beginnt, mit Verwunderung ihren Bescheid in Händen halten und die Welt nicht mehr verstehen.
Viele stellen erst dann fest, dass ihre Zusatzrente mit vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet wird.
Auch wenn es 2004 nachvollziehbare Gründe für die im GKV-Modernisierungsgesetz, GMG, getroffenen Regelungen gab – wie wir wissen, gab es dazu einen Verfassungsgerichtsbeschluss; die gängige Praxis ist auch vom Verfassungsgericht bestätigt worden –, so wird die Verbeitragung dennoch von vielen ganz verständlicherweise als sehr ungerecht empfunden.
Auch wir Sozialdemokraten schauen heute durchaus kritisch auf dieses Gesetz zurück, sowohl was die Transparenz damals anging als auch den Umgang mit den Altverträgen. Wir haben uns in der zurückliegenden Legislatur im Gesundheitsausschuss, aber auch im Petitionsausschuss intensiv damit beschäftigt.
Die Anhörung 2016 hat deutlich gezeigt, dass ein großer Teil der betrieblichen Altersvorsorge nicht von einer Doppelverbeitragung betroffen ist. Sie hat uns aber auch gezeigt, dass es nach wie vor Formen der betrieblichen Altersvorsorge gibt, die von einer Doppelverbeitragung betroffen sind. Hier sehen wir in der Tat Handlungsbedarf.
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz haben wir erste Maßnahmen ergriffen, um die Vorsorge zu verbessern – Sie haben es erwähnt –: Die über den Arbeitgeber organisierte Riester-Rente wird zukünftig genauso behandelt wie der private Riester-Vertrag, und beide bleiben beitragsfrei.
Außerdem – das haben Sie zu erwähnen vergessen – verpflichten wir den Arbeitgeber, zukünftig bei einer Entgeltumwandlung 15 Prozent an die Versorgungseinrichtung einzuzahlen. Damit wird ein Korrektiv zur vollen Beitragspflicht geschaffen. Aber ich gestehe zu, dass damit der Gordische Knoten noch nicht zerschlagen ist.
Meine Partei bzw. Fraktion beschäftigt sich intensiv mit dieser Thematik. Sie haben es erwähnt. Wir haben dazu einen Parteitagsbeschluss. Wir wollen unter anderem die Doppelverbeitragung bei bestehenden Verträgen überprüfen, favorisieren aber auch zukünftig die hälftige Verbeitragung.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eine schwierige Aufgabe, hier eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. Denn schließlich soll es ja auch zu keiner Mehrbelastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler kommen.
Auch das fordern Sie in Ihrem Antrag.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Der Kollege Henke hat doch vorgetragen, dass wir das nicht tun!)
– Doch, doch. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass das Ganze beitragsneutral ausgestaltet werden soll. Wenn wir aber in der Auszahlungsphase Erwerbsarten
von der Verbeitragung ausnehmen, dann muss uns auch bewusst sein, dass sich das auf die Einnahmesituation der GKV auswirkt. Im Ausschuss ist uns gesagt worden, dass
es um 2,6 Milliarden Euro bei der hälftigen Verbeitragung geht.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wie viel macht das beim Durchschnittsverdiener
aus?)
– Damit belasten Sie mich jetzt, weil ich der Taschenrechnergeneration angehöre.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)
Wir rechnen es dann später am Tisch aus. Aber es ist eine Belastung, die wir kompensieren müssen. Ich will damit eigentlich nur zeigen, dass es mit der
Gerechtigkeit nicht ganz so einfach ist.
Herr Kollege Henke, Sie haben Professor Jacobs zitiert. Professor Jacobs hat aber in der Anhörung auch zu Recht darauf hingewiesen, dass das Prinzip der Beitragserhebung im Hinblick auf die aktuelle ökonomische Leistungsfähigkeit weit über den Aspekt der Alterssicherung hinausgeht. Erwerbskriterien bilden die ökonomische Leistungsfähigkeit der Menschen in immer geringerem Umfang ab, und zunehmend spielen auch andere Einkommensarten eine Rolle. Da würde uns eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung vieles erleichtern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber ich weiß auch, dass es hierfür derzeit keine Mehrheiten in diesem Hause gibt. Wir werden mit Nachdruck an einer Lösung arbeiten, die zum einen für den Einzelnen
nachvollziehbar und gerecht ist und zum anderen das GKV-System nicht gefährdet.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)