SPD-Direktkandidatin Sabine Dittmar spricht über das, was die Menschen ihrer Ansicht nach im ländlichen Raum brauchen. Warum der Ärztin das Thema Long-Covid Sorgen macht.
Die guten Umfragewerte für die SPD bei der Sonntagsfrage der Meinungsforschungsinstitute sorgen wöchentlich für Erstaunen. Doch bis zur Wahl am 26. September kann sich einiges ändern. "Ich bin sicher, dass Olaf Scholz uns am Wahlabend tatsächlich über die 20-Prozent-Grenze katapultiert, denn er genießt Vertrauen, ist souverän und hat Kompetenz", sagt dazu SPD-Direktkandidatin Sabine Dittmar (Maßbach).
Dass ihre Partei mit Inhalten punkten kann, habe sie den Menschen auch diesmal bei Haustür-Besuchen im Wahlkreis zeigen wollen. Überraschend für sie: Die Leute seien 2021 viel offener als 2017 gewesen und hätten speziell zum SPD-Wahlprogramm Fragen gestellt. "Man merkt, es fand eine zunehmende Politisierung der Menschen statt, sicher auch wegen der Corona-Pandemie." Aber allen sei klar, dass mit dem Ende der Ära Merkel ein neuer Zeitabschnitt beginnt.
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Nach wie vor wichtig ist Dittmar die Stärkung des ländlichen Raums. Das Leben auf dem Land habe zwar durch die Pandemie eine Aufwertung erfahren, "weil es auf dem Land während der Lockdowns schöner zu leben war", sagt die Politikerin. Aber es hätten sich auch Defizite gezeigt, zum Beispiel keine stabile Online-Entwicklung. "Wir sind digitales Entwicklungsland." Der Bund habe zu Beginn der Legislaturperiode fünf Milliarden Euro für den Breitband-Ausbau freigegeben - Mittel, die von Städten und Kommunen nur schwach ausgeschöpft wurden.
Ähnliches gelte für die Krankenhäuser, sagt Dittmar. "Sie waren im Konjunkturpaket 2020, es wurden drei Milliarden für die digitale Ausstattung zur Verfügung gestellt." Aber auch diese Förderung sei bislang kaum in Anspruch genommen worden. "Wir sind auch hier Schlusslicht in Europa, was zum Beispiel die Vernetzung der Kliniken untereinander angeht oder den digitalen Medikamentenplan."
Im öffentlichen Gesundheitsdienst müsse die Digitalisierung ebenso vorangetrieben werden. Dass Gesundheitsämter Infos noch per Fax verschicken, sei althergebracht. Der Bund sei allerdings nicht in der Pflicht, sagt Dittmar. "Die Länder haben diesen Bereich kaputt gespart, jetzt muss aufgerüstet werden."
Von 370 Gesundheitsämtern in Deutschland arbeiten lediglich 100 mit dem neuen System Sormas, weiß Dittmar. Den Ämtern seien zudem vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt worden, um den Personal aufzustocken und Ärztinnen und Ärzte besser zu bezahlen, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag.
Apropos Ärzte: Der Erhalt der flächendeckenden Versorgung mit Ärzten, speziell auf dem Land, ist für Dittmar seit Langem ein wichtiges Thema. Schon seit Jahren plädiert sie, die selbst als Allgemeinärztin praktizierte, für die Reform des Medizinstudiums. Seit 2020 gebe es immerhin einen "Masterplan" zwischen Bund, Ländern und der Politik, aber noch sei die Approbationsordnung nicht reformiert, der Entwurf müsse noch von den Ländern abgesegnet werden.
Was den Mangel der Allgemeinärzte auf dem Land, beispielsweise aktuell in der Stadt Bad Kissingen, angeht, setzt Dittmar auf Zeit, denn der Anteil der fertigen Studenten in der Allgemeinmedizin sei längst gestiegen. "Die Förderprogramme der Vergangenheit zeigten Wirkung. Aber wie bringt man diese Leute aufs Land, zumal 70 Prozent der Absolventen Frauen sind." Wenn diese Ärztinnen aufs Land ziehen sollen, bräuchten ihre Männer dort hochqualifizierte Arbeitsangebote. "Das ist oft das Problem."
Sabine Dittmar, SPD-Direktkandidatin
Das ausführliche Interview führte Isolde Krapf auf MAINPOST