Wer über die Erfolge der Europäischen Union nachdenkt, sieht einen verbundenen Kontinent, wirtschaftliches Wachstum und, für jeden von uns vielleicht am wichtigsten, die persönliche Freizügigkeit in Studium, Beruf oder auf Urlaubsreisen.
Als die Geschichte einer Europäischen Union vor über 60 Jahren aber begann, stand sie unter einem noch ganz anderen Zeichen: Nur wenige Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs, dem kurz zuvor ein erster vorausgegangen war, garantiert uns das Zusammenwachsen dieses Kontinents bis heute ein friedliches Zusammenleben. Dieser andauernde Frieden, der vielen Generationen in Europa bereits selbstverständlich erscheint und uns eine gesellschaftliche Entwicklung sondergleichen beschert hat, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Was in den 1950er Jahren mit Montanunion und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl seinen Anfang nahm, sieht sich dieser Tage als Europäische Union großer Skepsis ausgesetzt, die heute mit dem Referendum der Briten für einen Austritt aus der Union ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat. Angesichts von Krisen und negativen Entwicklungen wie Jugendarbeitslosigkeit und erstarkendem Rechtspopulismus auf dem gesamten Kontinent, betrüblicherweise auch in Deutschland, lässt sich nicht leugnen, dass unsere europäische Gemeinschaft schon bessere Zeiten gesehen hat. Dies ist umso fataler, als dass die zentralen Herausforderungen mehr denn je einer funktionierende EU bedürfen: Das nachhaltige Management und die Ursachenbekämpfung einer unkontrollierten Migration, der effektive Kampf gegen den internationalen Terrorismus können nur im Rahmen von EU-Lösungen erfolgen.
Ich bedauere die Entscheidung des Britischen Volkes, aber ich blicke nach vorne. Auf ein Europa der offenen Grenzen und des Friedens, das gemeinsam an Lösungen für unsere europaweiten Herausforderungen arbeitet, aber auch gemeinsam die Möglichkeiten und Gewinne eines verbundenen Kontinents genießt und auslebt.